Was wäre denn in der Steinzeit passiert, wenn du die ganze Gruppe Schei*e findest und sie dich sogar ausstößt, was wäre dann mit dir passiert?
Dann wärst du draufgegangen. Du hättest nicht lange überlebt, so ganz allein in der Wildnis.
Wir haben bis heute noch ganz viele Anteile in uns, die eben noch genau dasselbe erleben wie in der Steinzeit, weil gewisse Teile im Gehirn sich nicht viel weiterentwickelt haben seit der Steinzeit. Teile, zum Beispiel hinten in unserem Hirnstamm, die für unser Überleben zuständig sind und von daher steigen wir erst einmal in das Thema ein, in die Annahme zu gehen, dass es auch zu gewissen Teilen okay ist, dass wir denken „Was denken jetzt andere von uns?”.
Das Problem ist meiner Meinung nach, wenn wir anfangen uns selbst abzuwerten, uns selbst nicht anzunehmen, uns selbst nicht mögen und uns für uns schämen. Ich finde, es ist super wichtig, dass wir hier eine Unterscheidung ziehen und dann wirklich auch heute bei uns ankommen. Warum sage ich heute? Wir leben heute nicht mehr in der Steinzeit und wir werden trotzdem überleben, auch wenn uns Tante Uschi von nebenan nicht toll findet. Wir brauchen nicht Teil ihrer Gruppe zu sein.
Wir wollen jetzt in das Thema einsteigen und ich möchte zu Anfang, ganz offen und verletzlich, einen Teil meiner Geschichte teilen. Warum ich unter anderem der Meinung bin, dass ich dir sehr viel darüber sagen kann und sehr gut nachempfinden kann, wenn du oft das Gefühl hast “oh, es belastet mich so, was andere über mich denken” oder vielleicht bist du auch jemand, so wie ich es war, die sich immer gesagt hat “ist mir total egal was andere über mich denken” und insgeheim hat es dich aber fertig gemacht, wenn du gehört hast, da redet jemand schlecht über dich oder du wirst wohl nicht akzeptiert oder nicht für voll genommen.
So war das jedenfalls bei mir. In mir war schon immer der Wunsch: Mensch! Ich möchte, dass mir das egal ist, ich möchte mich so lieben, wie ich bin, ich möchte mich ausleben in meiner Persönlichkeit, mit all dem, was zu mir gehört und mir nicht ständig denken, dass wenn ich irgendwo mit Leuten unterwegs bin und das Gefühl habe, ich habe irgendwas Falsches gesagt oder es kam blöd an und jetzt sollte ich mich entschuldigen oder sollte ich diesen Teil und diesen Anteil in mir verstecken.
Was ich dabei immer wollte: nicht diese Gefühle spüren!
Ich wollte schon immer sagen können “Ich bin ich und ich leb mich so aus, wie ich bin und wer
mich mag, der mag mich und wer mich nicht mag, der mag mich nicht, macht aber nichts mit meinem Wert, also es macht mich nicht weniger wertvoll, wenn jemand von mir denkt, ich bin ganz furchtbar oder was auch immer”.
Ich wollte das, aber gefühlt habe ich es nicht!
Ich hab’s gedacht oder mir versucht einzureden, aber gefühlt habe ich es nicht und bei mir war das schon immer so. Von Kindheitsbeinen auf habe ich nicht das Gefühl bekommen, dass so wie ich bin, ich richtig, genug & liebenswert bin mit all den Facetten, die mich ausmachen.
So war ich schon als Kind und ich habe Erinnerungen, dass wenn ich beispielsweise im Winter draußen rumgelaufen bin und im Winter bekommt man ja immer so eine riesen Qualmwolke durch den Atemluft, die dir aus dem Mund strömt, wenn es ganz kalt und früh am Morgen ist. Wir haben uns immer an der Bahnhaltestelle mit “Schulfreunden” getroffen, “Schulfreunden” in Anführungsstrichen und ich weiß noch, dass ich immer versucht habe, diese Qualmwolke zu verstecken, weil es mir unangenehm war, dass ich atme, faktisch, dass ich existiere, dass ich da bin, dass ich präsent bin, dass ich Raum einnehme, dafür habe ich mich geschämt. Und das ist nur ein Beispiel von unzähligen, für was ich mich alles geschämt habe seit Kindheitsbeinen an.
Bei uns ist es ja so, wenn wir Kinder sind, wir nehmen quasi alles an wie so ein Schwamm. Wir können nicht reflektieren, nicht hinterfragen und das ist bis zum nem gewissen Alter in der frühen Kindheit ganz normal, dass wir das, was uns von außen gespiegelt wird, gesagt wird oder welche Gefühle wir bekommen, dass wir diese als wahr empfinden. Und wenn du immerzu das Gefühl bekommst, so wie du bist, ist es nicht so ganz richtig, dann wirst du das auch glauben, wenn du das Gefühl bekommst, du bist zu laut, zu nervig, dumm, was auch immer, dann wirst du das auch glauben.
Wenn du das nicht anfängst zu reflektieren und zu hinterfragen, dann zieht es sich bis zum Erwachsenenalter lang. Auch wenn du gewisse Anteile dir irgendwie ganz bewusst sagst wie “Ich lache laut und es ist okay so, weil das bin ich.” werden trotzdem, so war es bei mir und bei vielen Menschen, die ich schon begleitet habe, werden trotzdem gewisse Teile in dir gewisse Gefühle und Gedanken auslösen oder auch Verhaltensmuster auslösen, die immer und immer wieder dazu führen,dass du denkst oder spürst “Ich bin vielleicht doch nicht so ganz richtig, wie ich bin”.
Wie gesagt, ich glaube von meiner Perspektive und von meiner Linse aus, allein der Fakt, dass
du jetzt gerade diesen Text liest, sagt für mich vieles aus. Es ist so, dass ich so bin wie ich bin, es ist mir grundsätzlich erstmal egal, was du von mir denkst. Du kannst ja einfach aufhören zu lesen, wenn du es Scheiße findest. Sehr gerne sogar.
Aber ich spüre heute, es macht nichts mit meinem Wert und auch wenn ich blöde Kommentare oder Nachrichten bekomme, dann macht das auch nichts mehr mit meinem Wert. Ich bin wertvoll, so wie ich bin, aufgrund meiner puren Existenz, ohne etwas tun oder sagen zu müssen, was andere gerne von mir hätten.